Keine Finanzierung einer Zweitausbildung 

Das OLG Hamm hat in dem nachfolgenden Fall entschieden und nochmals bestätigt, dass Eltern, die ihrem Kind bereits eine angemessene, der Neigung entsprechende Ausbildung finanziert haben, keine weitere Ausbildung finanzieren müssen. Dies gilt unabhängig davon, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen die Eltern leben. Abzugrenzen ist immer die grundsätzlich nicht geschuldete Finanzierung einer Zweitausbildung von einer geschuldeten Weiterbildung. In der Praxis ist diese Abgrenzung unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit nicht immer einfach vorzunehmen. Dem Beschluss lag folgender Fall zugrunde: 

Die Tochter verlässt die Schule nach der mittleren Reife, um Tänzerin zu werden. Sie absolviert an einer Hochschule den Studiengang Tanz und schließt mit Diplom ab. Es gelingt ihr trotz zahlreicher Bewerbungen aber nicht, innerhalb eines Jahres eine Anstellung zu finden. Sie holt daher das Abitur nach und beginnt ein Psychologiestudium. Für dieses Studium erhält sie vom Land Leistungen nach dem BAföG. Das Land verlangt nun von den Eltern die Zahlung rückständigen Ausbildungsunterhaltes aus übergegangenem Recht. 

Nach Ansicht des OLG Hamm steht dem Land kein Anspruch auf Zahlung rückständigen Unterhalts aus übergegangenem Recht nach dem § 1601, 1610 Abs. 2 BGB, 37 Abs. 1 BAföG zu, denn die Eltern sind ihrer Tochter nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet. Geschuldet wird eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht. Dieser Verpflichtung sind die Eltern durch Finanzierung der ersten Ausbildung zur Bühnentänzerin nachgekommen. Das Psychologiestudium im Anschluss an das nachgeholte Abitur stellt keine Weiterbindung dar, sondern eine nicht geschuldete Zweitausbildung. Denn es fehlt an einem engen und sachlichen Zusammenhang. Das volljährige Kind muss daher grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt sorgen, wenn es eine weitere Ausbildung absolvieren möchte. Die guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern rechtfertigen ebenfalls keine andere Beurteilung.

 

Unterhaltspflicht und Umgang mit dem Enkelkind der Großeltern

Großeltern sind ihren Enkeln zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet, wenn beide Eltern leistungsfähig sind § 1607 BGB. Ihre Unterhaltspflicht kommt jedoch erst in Betracht, wenn der zur Unterhaltszahlung verpflichtete Elternteil z. B. wegen Arbeitslosigkeit nicht leistungsfähig und dem betreuenden Elternteil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist. Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten sowie gegenüber Kindern sind zudem vorrangig und einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Die Großeltern mütterlich- und väterlicherseits haften anteilig, § 1606 Abs. 3 BGB. Wegen des hohen Selbstbehalts eines unterhaltspflichtigen Elternteils von z. Zt. 1.800,00 € und dessen Ehegatten von zusätzlich 1.440,00 € wird aber eine Unterhaltspflicht nur selten eintreten.

OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.2012, II-6 WF 232/12

 

Großeltern haben das gesetzlich anerkannte Recht auf Umgang mit dem Enkelkind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient, § 1685 BGB.

Der Umgang der Großeltern mit dem Kind dient aber regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die Eltern einen solchen Umgang ablehnen und mit den Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geraten würde. Im Konfliktfall werden die Großeltern nur sehr selten darlegen können, dass das Enkelkind durch den Kontakt nicht in einen Loyalitätskonflikt geraten wird.

BGH, Beschluss vom 12.07.2017 – XII ZB 350/16, Rn 11ff.

 

Großeltern haben auch Anspruch auf Elterngeld, wenn sie wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod der Eltern ein Enkelkind betreuen und von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird. Auch haben Großeltern im Arbeitsverhältnis als nahe Angehörige Anspruch auf Arbeitsbefreiung bzw. teilweise Freistellung zur Pflege, Betreuung bzw. Sterbebegleitung eines Enkelkindes.

Darüber hinaus kann ihnen aus dem Arbeitsverhältnis Anspruch auf längeren Sonderurlaub (unbezahlte Freistellung) zustehen.

 

Alleiniges Sorgerecht der Mutter

Bei nicht verheirateten Paaren steht das elterliche Sorgerecht nach dem Gesetz zunächst allein der Mutter zu. Beantragt der Vater das gemeinsame Sorgerecht, kann dies vom Familiengericht auf die Eltern gemeinsam übertragen werden, sofern es dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Die Übertragung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn auch mit professioneller Hilfe nicht zu erwarten ist, dass die gemeinsame Sorge praktisch funktionieren wird, weil die Eltern massive Kommunikationsschwierigkeiten und weder die Bereitschaft noch die Fähigkeit haben, in strittigen Fragen zu einer einverständlichen Lösung zu kommen.

OLG Hamm, Beschluss vom 24.05.2016 – 3 UF 139/15

Klassenfahrten kein Sonderbedarf

Die Geltendmachung von Sonderbedarf ist nur in engen Grenzen möglich. Sonderbedarf sind z. B. unvorhergesehene Krankheits- und ähnliche Kosten, soweit sie nicht von der Krankenkasse getragen werden. Kosten für Klassenfahrten und Austauschprogramme mit ausländischen Schulen sind regelmäßig vorhersehbar, sodass eine Geltendmachung als Sonderbedarf ausscheidet nach § 1613 II Nr. 1 BGB.

OLG Hamm, Beschluss vom 21.12.2010 – 2 WF 285/10 (NJW-Spezial 2011, S. 165)

 

Bundesweite Bewerbung bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit
 
Trotz gesteigerter Erwerbsobliegenheit bei Unterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern ist durch Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Bindungen zum Kind, des Umgangsrechts und der Umgangs- und Umzugskosten eine bundesweite Stellensuche dem Pflichtigen zumutbar ist.
 
Die beiden bei der Mutter lebenden minderjährigen Kinder nehmen ihren Vater auf Unterhalt in Höhe des Regelbetrags in Anspruch. Der seit Ende 2000 überwiegend arbeitslose Vater beruft sich auf Leistungsunfähigkeit.
 
Das AG hat ihm wegen Verletzung seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ein fiktives Nettoeinkommen von monatlich 2.300,00 DM zugerechnet und der Klage teilweise stattgegeben. Der Vater muss sich bundesweit bewerben und hat durch Vorlage lediglich regionaler Bewerbungen seine Leistungsunfähigkeit und die Nichterzielbarkeit eines solchen Einkommens nicht ausreichen dargelegt und bewiesen.
 
Die vom Vater für das Berufungsverfahren beantragte Prozesskostenhilfe wurde mit denselben Argumenten daher nicht gewährt.

Mit der Verfassungsbeschwerde verfolgt der Vater sein Ziel weiter und trägt anhand der Bewerbungen vor, dass ihm der regionale Arbeitsmarkt verschlossen sei. Darüber hinaus müsse er sich nicht bewerben, da eine bundesweite Bewerbung wegen der engen Bindungen zu seinen Kindern, des Umgangsrechts und der höheren Umzugs- und Umgangskosten nicht zumutbar sei.
 
Das BVerfG sieht in der Nichtgewährung der Prozesskostenhilfe einen Verstoß gegen Art. 3 I i.V. mit Art. 20 III GG. Das OLG hat zu hohe Anforderungen an die Gewährung der Prozesskostenhilfe gestellt und damit die arme Partei benachteiligt.

Zwar ist durch gesteigerte Ausnutzung der zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten bei minderjährigen Kindern jedenfalls der Regelunterhalt sicherzustellen ( § 1603 II BGB), jedoch wurde nicht ausreichend festgestellt, dass die Grenze des Zumutbaren schuldhaft verletzt wurde. Die Versagung der Prozesskostenhilfe kann nicht ohne nähere Prüfung und pauschal auf das Fehlen bundesweiter Bewerbungen gestützt werden. Fiktives Einkommen wäre nur zuzurechnen, wenn die Anstrengung der Erwerbssuche subjektiv zumutbar war, jedoch objektiv nicht oder nicht ausreichend verfolgt wurde. Zudem darf zumindest nicht auszuschließen sein, dass eine reale Beschäftigungschance bestand. Auch wenn sozialrechtlich grundsätzlich die Suche im gesamten Bundesgebiet verlangt werden kann, ist im Unterhaltsrecht durch das Familiengericht die Zumutbarkeit im Einzelfall zu prüfen und die Interessen abzuwägen. Dies war hier nicht der Fall.

Es ist auch nicht erst im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen, dass der Vater enge persönliche Bindungen zu seinen Kindern und ein Umgangsrecht hat und zudem ein Wegzug zwar sein Einkommen erhöht, dieser jedoch zugleich höhere Umgangs- und Umzugskosten verursacht. Dass dadurch nicht ausgeschlossen ist, dass er sich deshalb auf regionale Bewerbungen beschränken durfte, sich dort keine Arbeit finden ließ und deshalb Leistungsunfähigkeit vorliegt, hätte im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Prozesskostenhilfe Beachtung finden müssen.
 
Führt die schuldhafte Verletzung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit zu einer Anrechnung fiktiver Einkünfte, ist bei Arbeitsfähigkeit mindestens ein Betrag anzurechnen, der den Regelbetrag (Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle) sicherstellt. Allerdings besteht die erhöhte Erwerbsobliegenheit nicht nur bis zur Höhe des Mindestbedarfs, sondern zur Sicherung des angemessenen Unterhalts (§1610 I BGB). Bei ehemals gehobenen Lebensverhältnissen kann daher auch die Sicherung des Unterhalts nach den bisherigen Einkünften verlangt werden. (Gerhardt, FA-FamR, 3. Aufl., Kap. 6 Rdnr. 176 m.w. Nachw.)
 
BVerfG, Beschluss vom 29.12.2005 – 1 BvcR 2076/03 = NJW 2006, 2317



Gesamtnichtigkeit des Ehevertrages trotz salvatorischer Klausel
 
Ist der Inhalt eines Ehevertrages für einen Ehegatten ausnahmslos nachteilig, ohne dass die Einzelregelungen durch berechtigte Belange des anderen Ehegatten gerechtfertigt werden, hat dies die Gesamtnichtigkeit des Ehevertrags zur Folge. Dies gilt auch, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel zur Beschränkung der Nichtigkeitsfolge enthält.
 
Die Ehegatten sind seit dem 06.03.1990 verheiratet. Die Ehefrau, eine brasilianische Staatsangehörige, war zum Zeitpunkt der Heirat 23 Jahre alt und ohne eigene Ausbildung. Sie war dem elf Jahre älteren Ehemann, der als Arzt gut verdiente, nach Deutschland gefolgt, ohne die deutsche Sprache zu beherrschen. Sie war wirtschaftlich von ihm abhängig, hätte insbesondere ohne die Heirat weder Arbeits- noch Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhalten.

Weil der Ehemann wirtschaftliche Motive einer Heirat ausschließen wollte, schlossen die Verlobten unter Hinzuziehung eines Dolmetschers am 20.02.1990 einen notariellen Ehevertrag, in dem neben Gütertrennung auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart wurde. Lediglich im Fall der Kinderbetreuung sollte die Ehefrau Anspruch auf nachehelichen Unterhalt haben. Mit neuerlichem Ehevertrag vom 07.03.1990 wurde der Unterhaltsverzicht auch für den Fall der Kinderbetreuung vereinbart. Einen Ausgleich hierfür sollte die Ehefrau nicht erhalten. Der Ehevertrag enthält eine salvatorische Klausel, wonach der restliche Vertrag auch bei Ungültigkeit einzelner Vertragsbestandteile Bestand haben soll. Nachdem aus der Ehe 1993 und 1997 zwei Kinder hervorgegangen sind, wurde die Ehe am 27.05.2003 geschieden. Die Ehefrau begehrt trotz der vertraglichen Regelung die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Nach Ansicht des BGH verstößt der Ehevertrag wegen bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegender evident einseitiger Lastenverteilung insgesamt gegen § 138 I BGB. Durch nochmalige Änderung des Ehevertrags haben die Partien gezeigt, dass bereits damals von der Möglichkeit ausgegangen wurde, dass Kinder aus der Ehe hervorgehen würden. Dennoch bürdet die getroffene Regelung die ehebedingten Nachteile aus der Kindererziehung im Hinblick auf Unterhalt und Versorgungsausgleich ohne Ausgleich allein der Ehefrau auf, so dass die Regelung bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint.

Trotz unterschiedlicher Eingriffsintensität in den Kernbereich der Scheidungsfolgen geht der BGH von einer Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung aus. Es kommt auf eine Gesamtwürdigung des Vertrags an. Ist danach der Inhalt – wie hier – ausnahmslos nachteilig und nicht durch berechtigte Belange des anderen Ehegatten gerechtfertigt, so erstreckt sich die Nichtigkeitsfolge auf den gesamten Vertrag.
 
Für eine von der Vorinstanz angenommene Teilnichtigkeit nur des Unterhaltsverzichts mit Aufrechterhaltung der Regelung über den Versorgungsausgleich bleibt kein Raum. Dies vermag auch eine salvatorische Klausel nicht zu verhindern. Ergibt sich die Sittenwidrigkeit bereits aus der Gesamtwürdigung, erfasst die Nichtigkeitsfolge trotz salvatorischer Klausel notwenig den gesamten Vertrag. Insbesondere kann die Aufrechterhaltung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht damit begründet werden, dass mit Feststellung der Nichtigkeit des Unterhaltsverzichts und des dann geltenden gesetzlichen Anspruchs auf Altersvorsorgeunterhalt ausreichend Mittel zum Aufbau einer eigenen Altersversorgung zur Verfügung stehen, die Regelung also nicht nachteilig ist. Der gesetzliche Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt kann den Versorgungsausgleich nicht ersetzen. Trotz seiner Zielrichtung als vorweggenommener Altersvorsorgeunterhalt ist der Versorgungsausgleich anders als der künftige Unterhaltsanspruch auf den Ausgleich bereits erworbener Anrechte gerichtet. Zudem wäre mit dieser Argumentation die Annahme der Nichtigkeit der verschiedenen Vertragsteile beliebig austauschbar.

Mit dieser Entscheidung hat der BGH sich eindeutig gegen eine teilweise Aufrechterhaltung insgesamt evident einseitiger Eheverträge ausgesprochen, auch wenn hierin eine salvatorische Klausel aufgenommen wurde. Auch wenn eine Einzelregelung nicht in den absoluten Kernbereich der Scheidungsfolgen eingreift, in der Gesamtschau aller Regelungen aber evident einseitig und nachteilig ist, ohne dass dies durch Belange des begünstigten Ehegatten angezeigt ist, kann allein die Aufnahme einer salvatorischen Klausel hierüber nicht hinweghelfen.
 

 
Grundsätzliche Befristung des Unterhalts der nichtehelichen Mutter
 
Die grundsätzliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter auf drei Jahre verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Allerdings kann das Kindeswohl im Einzelfall im Rahmen der Billigkeitsabwägung eine verfassungskonforme Auslegung hin zu einer Verlängerung erfordern.
 
Die Parteien haben insgesamt sechs Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Am 18.09.1998 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Danach lebten die Parteien bis zu ihrer Trennung noch rund 2 ½ Jahre zusammen. Die Mutter verlangt für sich Unterhalt über September 2002 hinaus. Der Vater ist vermögender Zahnarzt, die Mutter ist Ärztin. Sie kann jedoch auf Grund einer auf Schwangerschaft und Kindererziehung zurückzuführenden Angst- und depressiven Störung sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung seit September 2002 nur noch halbtags arbeiten. Das OLG hat die Fortdauer des Unterhaltsanspruchs der Mutter befristet bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres der Tochter bejaht. Hiergegen wendet sich die Revision des Vaters.

Der BGH hat die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs nach § 16151 II 3 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung bestätigt. Hierbei wurde zugleich klargestellt, dass die grundsätzliche Befristung des Anspruchs auf drei Jahre nicht gegen höherrangiges Verfassungsrecht verstößt. Eine Verlängerung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Wegen des verfassungsrechtlich starken Schutzes kommen hierfür vorrangig Belange des Kindes in Betracht. Im Einzelfall und nachrangig können aber auch Gründe, die nur mittelbar in der Betreuungssituation wurzeln, einzubeziehen sein. Es ist daher zwischen kind- und elternbezogenen Belangen zu unterscheiden. Der in Art. 6 II GG garantierte Schutz der Familie verbürgt Recht wie Pflicht, die Pflege und Erziehung des Kindes sicherzustellen, ohne an der eigenen Erwerbstätigkeit gehindert zu sein. Das Kindeswohl erfordert daher in Fällen, in denen das Kind über die Dauer von drei Jahren hinaus auf Pflege angewiesen ist (kindbezogene Gründe), den Unterhaltsanspruch der Mutter aus Billigkeitsgründen zu verlängern. Dies ist etwa bei Behinderung, dauerhafter Krankheit oder schwerer Entwicklungsstörung der Fall, im Einzelfall sogar bei fehlender Fremdbetreuungsmöglichkeit.
 
Die elternbezogenen Gründen ist zusätzlich erforderlich, dass sie sich zumindest mittelbar auf das Kindeswohl auswirken und daher den Auslauf des Unterhalts nach drei Jahren unbillig erscheinen lassen. Vorliegend ist die Krankheit der Mutter auf die Doppelbelastung von Beruf und Kindererziehung zurückzuführen. Ist die Mutter wegen Verlängerung des Unterhaltsanspruchs nicht auf vollschichtige Erwerbstätigkeit angewiesen, kommt ein gebesserter Zustand mittelbar auch dem Kind zu Gute. Daneben hat der Vater im Rahmen des langen Zusammenlebens einen Vertrauenstatbestand auf Fortbestand der Gemeinschaft und Versorgung von Mutter und Kind gesetzt, der im Lichte des Art. 6 I GG zu berücksichtigen ist. Schließlich fließen im Rahmen einer Gesamtschau auch dessen sehr gute Einkommens- und Vermögensverhältnisse in die Billigkeitsabwägung des § 16151 II 3 BGB ein. Im Rahmen der Abwägung hat der BGH auch diese elternbezogenen Gründe als ausreichend für eine Verlängerung angesehen.
 
Klargestellt wurde auch, dass die Befristung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter nicht grundsätzlich gegen Verfassungsrecht verstößt. Weil § 1570 I BGB anders als § 16151 BGB seine Rechtfertigung nicht allein in der Kinderbetreuung, sondern auch in der gescheiterten Ehe hat, ist dort eine Andersbehandlung gerechtfertigt. Art. 6 I GG schützt die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht in gleicher Weise wie die Ehe. Weil nicht derselbe Sachverhalt zu Grunde liegt, ist auch Art. 3 I GG nicht betroffen. Art. 6 V GG erfasst nicht den Schutz der Mutter und steht ebenfalls nicht entgegen.
 
BGH, Urteil vom 05.07.2006 – XII ZR 11/04 = NJW 2006, 2687