Jede dritte Ehe wird derzeit in Deutschland während der ersten fünf Ehejahre geschieden. Wie eine Scheidung abläuft, das wissen die Wenigsten. Dabei wäre es doch so wichtig, dass man ungefährt weiß, wo es langgeht und auf was man achten muss. Was wird aus den Kindern? Was aus der Wohnung? Bekomme ich Unterhalt? Brauche ich einen Anwalt? Fragen über Fragen......
 

Gerichtsurteile:

 Kindergartenkosten in voller Höhe als Mehrbedarf des Kindes

Der BGH gibt seine Rechtsprechung auf, wonach Kosten für den Besuch des Kindergartens oder vergleichbare Betreuungskosten in Höhe eines Betrags von 50 Euro im Monat in den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind.

Bisher hat der BGH (NJW 2008, 2337) die Auffassung vertreten, dass Kindergartenbeiträge bis zu einem monatlichen Betrag von 50 Euro durch die Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle gedeckt werden. Nur darüber hinaus liege ein Mehrbedarf des Kindes vor.

Diese Rechtsprechung gibt der BGH unter Hinweis auf § 1612 I BGB n. F. nun ausdrücklich auf. Die Höhe des Kindesunterhalts bemisst sich inzwischen nach dem steuerlichen sächlichen Existenzminimum, das heißt nach dem doppelten Kinderfreibetrag. Nach § 27 I SGB XII deckt das Existenzminimum nur die Kosten des notwendigen Lebensbedarfs, wozu Betreuungskosten nicht zählen. Es spielt dabei keine Rolle, nach welcher Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle der Unterhalt geschuldet wird. Soweit in Kindergartenbeiträgen bzw. Betreuungskosten auch Verpflegungskosten enthalten sind, sind diese Anteile herauszurechnen. Sie zählen zum notwendigen Lebensbedarf.

Nach der Begründung des BGH sind unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (NJW 2008, 557) ebenso Beiträge für Sportvereine oder andere Kosten für die verantwortliche Nutzung der Freizeit über den Tabellenbetrag nicht abgedeckt. Neben der Betreuungspflicht einerseits ist es Aufgabe der Eltern, den Kindern Zugang ebenso zu Vereinen, Teilnahme am kulturellen Leben, Begeg-nung mit anderen Sprachen etc. zu ermöglichen. Hierzu zählt gleichermaßen die sinnvolle Feriengestaltung.

BGH, Urteil vom 26.11.2008 – XII ZR 65/07 aus NJW-Spezial 2009 S. 325

 
Kein Elternunterhalt bei vollständigem Verbrauch des Familieneinkommens
 
Das pflichtige Kind ist für Elternunterhalt nicht leistungsfähig, wenn das gesamte Familieneinkommen für die Deckung des Lebensbedarfs der Familie erforderlich ist und keine Vermögensbildung stattgefunden hat. Das gilt grundsätzlich auch, wenn vom Einkommen Kredite zurückgeführt werden.
 
Der Kläger ist Träger der Sozialhilfe und nimmt die verheiratete Beklagte auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch. Die Beklagte führt den Familienhaushalt und hat lediglich Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung. Der Ehemann der Beklagten ist selbstständig und tilgt von seinen Einkünften unter anderem betriebsbedingte Darlehen.
 
Die Beklagte ist vorliegend nicht leistungsfähig, da sie nicht über eigene Einkünfte verfügt, die ihren Selbstbehalt übersteigen. Der Selbstbehalt kann grundsätzlich auch dadurch gewahrt sein, dass der Unterhaltspflichtige durch den von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Maßgeblich ist dann, ob von dem Zusatzeinkommen der Beklagten der Familienunterhalt gedeckt wird oder ob es der Vermögensbildung zugeführt wird.
 
Ob dem Unterhaltspflichtigen Einkommen zur Verfügung steht, das für Unterhaltsansprüche der Eltern eingesetzt werden kann, wird ermittelt, indem das Einkommen der Eheleute in Relation zum Familienunterhalt gesetzt wird. Hierfür muss der Pflichtige darlegen, wie sich der Familienunterhalt im streitgegenständlichen Zeitraum genau zusammengesetzt hat.
 
Die fehlende Leistungsfähigkeit kann der Pflichtige jedoch auch darlegen indem er nachweist, dass die Ausgaben der Familie stets so hoch waren, dass keine Vermögensbildung betrieben wurde. Die Beklagte hat diesen Beweis im vorliegenden Fall geführt, so dass sie nicht gehalten ist, ihr Einkommen für Unterhaltsansprüche ihrer Mutter einzusetzen. Sie ist vielmehr berechtigt, dieses Einkommen vollständig für den Familienunterhalt einzusetzen.
 
Dabei ist auch die Rückführung von Krediten grundsätzlich nicht als Vermögensbildung anzusehen, da der Unterhaltspflichtige in einem solchen Fall nicht über freies Einkommen verfügt, das er für den Unterhalt einzusetzen hat. Dies kann lediglich dann anders zu sehen sein, wenn mit dem Krediten Gegenstände angeschafft wurden, die mit der Tilgung immer mehr dem Vermögen des Pflichtigen oder seines Ehegatten zuwaschen.
 
Ob Vermögensbildung stattfindet, ist anhand einer Gesamtschau der Salden sämtlicher Konten der Familie zu beurteilen. In der Gestaltung der Zahlungsabwicklung ist der Unterhaltspflichtige frei.
 
Die Leistungsfähigkeit ist immer dann zu verneinen, wenn vom Einkommen des Pflichtigen keine Ausgaben getätigt werden, die nicht als Familienbedarf qualifiziert werden können, und der Lebensstandart des Pflichtigen und seines Ehegatten unter Berücksichtigung der Unterhaltsansprüche als angemessen angesehen werden kann.
 
OLG Hamm, Urteil vom 22.11.1004 - 8 UF 411/00 - NJW-RR 2005, 588
 

Unterhaltsverwirkung wegen kurzer Ehedauer
 
Haben die Eheleute nach den tatsächlichen Verhältnissen weniger als ein Jahr in ehelicher Gemeinschaft zusammen gelebt, ist der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch dann verwirkt, wenn die Ehedauer bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags knapp zwei Jahre betragen hat.
 
Die Parteien heirateten am 08.10.2002. Im März 2004 ist der Ehemann aus der Ehewohnung ausgezogen. Der Ehemann gibt an, schon vor dem Auszug innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt zu haben. Am 23.09.2004 wurde der vom Ehemann eingereichte Scheidungsantrag der Ehefrau zugestellt. Für die Zeit der Trennung zahlte der Ehemann Unterhalt an die Ehefrau. Die Ehefrau verlangt nunmehr im Rahmen des Scheidungsverbundes Unterhalt auf die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung. Das OLG verneint eine Verpflichtung des Ehemanns zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt aus Billigkeitsgründen. In dieser Erwägung fließt auch der Aspekt ein, dass bereits für die Zeit der Trennung Unterhalt bezahlt wurde. Darüber hinaus ist ausschlaggebend, ob trotz der kurzen Ehedauer bereits eine Verflechtung der beiderseitigen Lebenssituation oder eine wirtschaftliche Abhängigkeit eingetreten war. Nach § 1579 Nr. 1 BGB kann der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bei vorliegen einer kurzen Ehe ganz oder teilweise versagt oder zeitlich begrenzt werden, wenn danach die Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichen Unterhalt grob unbillig ist. Ob eine kurze Ehedauer vorliegt, bemisst sich nach der Zeitspanne zwischen Heirat und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages. Die Dauer des tatsächlich ehelichen Zusammenlebens ist hierfür nicht relevant, sondern spielt erst im Rahmen der Billigkeitswägung eine Rolle. Auch eine bewusste Verkürzung der Ehedauer durch verfrühte Stellung des Scheidungsantrages lässt die dadurch festgestellte Ehedauer unberührt. Dies wird ebenfalls erst in der Billigkeitsabwägung berücksichtigt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Kurzehe in der Regel bei einer Dauer von unter zwei Jahren angenommen werden.
 
OLG Hamm, Urteil vom 16.12.2005 - 11 UF 138/05 = NJW-RR 2006, 651


Konfirmationskosten kein Sonderbedarf

 
Die Kosten einer Konfirmation sind spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar und nicht als Sonderbedarf, sondern bei der Bemessung des laufenden Unterhalts einzustellen. Sonderbedarf, der über den absehbaren Lebensbedarf hinausgeht, liegt selbst bei außergewöhnlich hohen Kosten nur vor, wenn die Kosten nicht mit Wahrscheinlichkeit vorhersehbar waren.
 
Die Kinder verlangen von ihrem Vater die Kosten einer im Jahr 2000 veranstalteten Konfirmationsfeier in Höhe von 361,00 € und die Kosten der Teilnahme an einer Konfirmationsfahrt im Jahr 2001 in Höhe von 150,00 €. Der Vater schuldete jedem seiner Kinder bis Juni 2001 rund 270,00 € Unterhalt. Mit Jugendamtsurkunde vom 17.07.2001 erkannte er einen Betrag von jeweils 128 % des Regelbetrags an. Nach teilweisem Abzug des hälftigen Kindergeldes zahlte er an jedes seiner Kinder rund 293,00 € Unterhalt. Erst- und zweitinstanzlich wurden den Kindern die Kosten der Konfirmationsfeier und der Fahrt zugesprochen. Mit der Revision begehrt der Vater weiterhin Klageabweisung.
 
Der BGH hat einen Sonderbedarf der Kinder wegen der Kosten der Konfirmationsfeier bzw. -fahrt verneint. Spätestens mit Beginn des Konfirmationsunterrichts ist der Anfall der Kosten vorhersehbar und deswegen unabhängig von der Höhe der Kosten nicht unregelmäßig i.S. des § 1613 II Nr. 1 BGB. Die Kosten sind - ggf. als Mehrbedarf - bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente einzustellen. Der BGH hat damit den in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Streit über die Behandlung der Konfirmationskosten als Sonderbedarf entschieden und seine bisherige Rechtsprechung (BGH, NJW 1982, 328; NJWE-FER 2001, 253) fortgeführt. Danach kommt ein Sonderbedarf nur in Betracht, wenn es sich um einen überraschend auftretenden Bedarf handelt, der in nicht abschätzbarer Höhe auftritt. Unregelmäßigkeit i.S. des § 1613 II Nr. 1 BGB liegt nur vor, wenn die fehlende Vorhersehbarkeit ein Einstellen des Bedarfs in den laufenden Unterhalt verhindert hat. Nur wenn dies der Fall ist, kommt es auf die Einzelfallprüfung der Zumutbarkeit des eigenen Bestreitens der Kosten durch den Berechtigten und die Möglichkeit der Bildung von Rücklagen aus dem laufenden Unterhalt an. Damit ist der bisher wohl überwiegenden Meinung eine Absage erteilt, nach der es auf die Vorhersehbarkeit des Bedarfs nicht ankommt und ein Sonderbedarf nur dann verneint wird, wenn der Berechtigte - auch nach Zumutbarkeitskriterien - außer Stande ist, den Bedarf selbst aufzubringen.
 
Erst recht keinen Fortbestand hat die Auffassung, die den Wortlaut des § 1613 II Nr. 1 BGB dahingehend auslegt, dass eine mangelnde Vorhersehbarkeit als Abgrenzungskriterium des Sonderbedarfs überhaupt nicht, oder nur zur Beurteilung der Berücksichtigung im laufenden Bedarf erforderlich ist. Nach Auffassung des BGH verstoßen diese Ansichten gegen den Sinn des § 1613 II Nr. 1 BGB, der grundsätzlich vom Vorrang des Schuldnerschutzes ausgeht und einen Vorzug der Gläubigerinteressen nur unter den engen Voraussetzungen des Verzugs, des Auskunftsverlangens billigt. Ohne diese Grenzen kann allein die Erfüllung eines unregelmäßigen und außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangt werden. Eine reine Abgrenzung nach den Vermögensverhältnissen im Einzelfall steht dem Sinn der gesetzlichen Beschränkung entgegen. Der zusätzliche Anspruch des Gläubigers kann nur in Ausnahmefällen und nur dann gebilligt werden, wenn dieser sich nicht darauf einstellen konnte. Konnte er sich längerfristig darauf einstellen, so ist unabhängig von der Höhe der Kosten der Sinn der gesetzlichen Regelung nicht erfüllt und ein Anspruch neben dem grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf abdeckenden laufenden Unterhalt nicht gegeben.
 
BGH, Urteil vom 15.02.2006 - XII ZR 4/04 = NJW 2006, 1509


Sittenwidriger Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Ehevertrag

Ein im Ehevertrag kompensationslos vereinbarter Ausschluss des Versorgungs-ausgleichs ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Ehefrau bei Abschluss des Vertrags schwanger ist und die Ehegatten bewusst in Kauf nehmen, dass sie wegen Kindesbetreuung alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte erwerben wird.

BGH, Beschluss vom 18.03.2009 – XII ZB 94/06 in DNotI Report 2009 S. 111