„Lärmprotokoll“ für Darlegung von Wohnlärm nicht erforderlich

Nach dem Beschluss des BGH vom 22.08.2017 muss der Mieter keine „Lärmprotokolle“ mehr führen für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen lärmender Nachbarn in einem Mietshaus.

Im vorliegenden Fall verlangt der Mieter von dem Vermieter u.a. die Beseitigung von näher bezeichneten Lärmstörungen. Der BGH hat ausgeführt, dass in einem Mehrfamilienhaus auftretende Lärmbeeinträchtigungen als sozialadäquates Verhalten hinzunehmen ist und damit nicht zwangsläufig zu einem Mangel der Mietsache führt. Trotzdem haben hinzunehmende Beeinträchtigungen Grenzen, und zwar auch unter Berücksichtigung von § 22 Abs. 1 b BImSchG. Nunmehr hat der BGH in seinem Urteil entschieden, dass keine detaillierte Lärmprotokolle mehr vorgelegt werden müssen, soweit Ansprüche geltend gemacht werden, die den Bereich des Zumutbaren überschreiten. Es genügt, wenn aus dem Vorbringen mit ausreichender Substanz eine nach Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit beschriebene Beeinträchtigung ersichtlich wird. Aus dem Vortrag muss sich jedoch ergeben, um welche Art von Beeinträchtigungen es sich handelt und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.

Trotz dieser aktuellen Rechtsprechung ist unseres Erachtens die Vorlage eines Lärmprotokolls für die Erfolgsaussichten der Klage förderlich.

BGH, Beschluss vom 22.08.2017, VIII ZR 226/16

 

Formell ordnungsgemäße Neben-/Betriebskostenabrechnung

Der BGH hat aktuell mit Urteil vom 19.07.2017 nochmals entschieden, dass die Betriebskostenabrechnung eine den Anforderungen des § 259 BGB entsprechende Kostenaufstellung enthalten muss. Sie muss die vereinbarten und/oder angesetzten Verteilungsschlüssel ausweisen und ggf. erklären. Der jeweilige Anteil des Mieters muss unter Abzug seiner geleisteten Vorauszahlungen sich ergeben. Der Mieter muss somit die von ihm zu zahlenden Kosten aus der Abrechnung eindeutig erkennen. Hieran sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen.

BGH, Urteil vom 19.07.2017- VIII ZR 3/17

 

Ordentliche Kündigung bei Mietrückstand möglich

Wenn der Mieter in Zahlungsrückstand gerät, darf der Vermieter einen Mietvertrag auch dann ordentlichen kündigen. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung müssen jedoch nicht vorliegen. Der Mieter zahlt seine Nebenkostenvorauszahlungen unregelmäßig und unvollständig, so dass der Vermieter den Vertrag fristgerecht kündigt. Eine weitere Kündigung folgt, als der Mieter eine Monatsmiete nicht entrichtet. Die vor dem Bundesgerichtshof erhobene Räumungsklage hat Erfolg. Der BGH wiederholt seine Rechtsprechung zu § 569 III 3 BGB, dass eine ordnungsgemäße Kündigung bei einem schuldhaften Vertragsverstoß folgen kann, ohne das bei einem Zahlungsverzug die Voraussetzungen einer fristlosen Beendigungsmöglichkeit vorliegen müssen. Die Frist des § 569 III 3 BGB hat bei einer ordentlichen Kündigung keine den Mieter schützende Bedeutung.

BGH, Urteil vom 10.10.2012 – VIII ZR 107/12 in (NJW Spezial 2013, Seite 65)
 

Duldung zum Einbau von Funkablesegeräten

Nach der Heizkostenverordnung ist eine Abrechnung zum Teil nach Verbrauch vorzunehmen. Die dafür vorhandenen üblichen Messgeräte darf der Vermieter gegen moderne, als technisch unbedenklich eingestufte Funkablesegeräte ersetzen. Gemäß § 4 II HeizKostenVO muss der Mieter diesen Umbau dulden. Der Mieter kann sich gegen derartige technische Neuerungen nicht wehren. Die mit dem Einbau verbundenen Arbeiten sind regelmäßig auch so geringfügig, dass sie keine übermäßige Belastung des Mieters darstellen können.

 BGH, Urteil vom 28.09.2011 – VIII ZR 326/10 (NJW-Spezial 2012, S. 1)

 

Eigenbedarfskündigung für Neffen

Eine Vermieterin hat ihre Wohnung gegenüber dem Mieter gekündigt, weil sie die Wohnung für ihren Neffen benötigt. Die Mieter sind der Meinung, dass es sich bei diesem Verwandtschaftsgrad nicht mehr um Angehörige im Sinne von § 573 II Nr. 2 BGB handelt.

Der BGH stimmt dieser Rechtsauffassung nicht zu. Danach werden auch Neffen und Nichten vom Begriff der Familienangehörigen gemäß § 573 II Nr. 2 BGB umfasst. Der BGH hält das Verwandtschaftsverhältnis zu den Kindern der Geschwister noch so eng, dass es im Einzelfall nicht darauf ankommt, ob eine tatsächliche besondere Bindung eine Kündigung rechtfertigt.

BGH, Urteil vom 27.01.2010 – VIII ZR 159/09 (NJW-Spezial 2010, S. 291)

 

Wohnflächenabweichung von 10 %

Weicht die tatsächliche Wohnfläche von der vereinbarten Wohnfläche über 10 % ab, stellt dies einen Mangel dar. Dieser Mangel berechtigt eine Mietminderung. Überzahlte Gelder können nach den Grundsetzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 I BGB) zurückgefordert werden. Der Ansatz von 10 % ist aus Gründen der Rechtssicherheit festgeschrieben. Toleranzschwellen sind nicht gerechtfertigt, da dies zu Rechtsunsicherheiten führen würde. Bei der Ermittlung der Fläche ist, soweit keine anderweitigen Vereinbarungen der Parteien vorliegen, auf die WohnflächenberechnungsVO oder die §§ 42 bis 44 der II. BerechnungsVO zurückzugreifen. Dies gilt für alle Gebäude, weil die Wohnfläche einen wesentlichen Faktor für den Nutzwert einer Wohnung darstellt.

BGH, Urteil vom 28.10.2009 – VIII ZR 164/08 (NJW-Spezial 2010, S. 129)

 
Anspruch auf ausreichende Elektroversorgung

In einem Mietvertrag ist vereinbart, dass der Mieter Haushaltsmaschinen nur dann nutzen darf, wenn die vorhandene Elektroinstallation dafür ausreicht. Der BGH hat entschieden, dass diese Klausel gegen § 307 BGB verstößt. Insoweit hat der Mieter Anspruch auf eine Stromversorgung, die auch in einem nicht modernisierten Altbau den gleichzeitigen Betrieb verschiedener haushaltstypischer Geräte zulässt. Der gleichzeitige Betrieb mehrerer Haushaltsgeräte muss möglich sein, ohne dass das Versorgungsnetz zusammenbricht. In dem vorliegenden Fall billigt der BGH dem Mieter ein Minderungsrecht zu.

BGH, Urteil vom 10.02.2010 – VIII ZR 343/08 (NJW-Spezial 2010, S. 321)

 

Unzulässigkeit des Stimmrechtsentzugs bei Wohngeldrückstand

Oftmals sehen Gemeinschaftsordnungen bei Verzug des Wohnungseigentümers mit Wohngeldzahlungen dessen Ausschluss von der Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung und den damit verbundenen Entzug des Stimmrechts vor. Wie der BGH geurteilt hat, sind solche Vereinbarungen nichtig. Die Wohnungseigentümer können ein Gemeinschaftsmitglied nicht durch Vereinbarung das Anwesenheits- und Stimmrecht entziehen. Eine gesetzliche Grundlage gibt es hierfür nicht. Ein Ausschluss aus der Versammlung ist allerdings möglich, wenn und solange konkret gestört wird. Welche Folgen ein evtl. auch hoher Zahlungsverzug haben soll, ist in § 18 WEG abschließend geregelt. Dort ist zwar der Entzug des Stimmrechts, aber nicht der des Teilnahmerechts vorgesehen.

BGH, Urteil vom 10.12.2010 – V ZR 60/10 (NJW-Spezial 2011, S. 194)

 

Abrechnungsfrist über Nebenkosten bei Geschäftsräumen

Gemäß § 556 III 3 BGB gilt für Wohnraummietverhältnisse eine Ausschlussfrist für Nebenkostenabrechnungen. Diese Abrechnungsfrist von einem Jahr gilt im Bereich der Gewerberaummiete nicht. Eine analoge Anwendung ist ausgeschlossen, denn der Gesetzgeber hat eine Übernahme für Gewerberaummietverhältnisse nicht übersehen. Dennoch darf der Vermieter sich nicht zu viel Zeit mit der Abrechnung lassen. Er muss die Nebenkostenabrechnung erstellen, obwohl eine Frist für die Gewerberaummiete nicht besteht, sobald dieses ihm möglich ist. Unterlässt der Vermieter dies, läuft er Gefahr, dass seine Ansprüche verwirkt sind.

BGH, Urteil vom 17.11.2010 – XII ZR 124/09 (NJW-Spezial 2011, S. 98)

 

Wasserverbrauchsabrechnung nach nicht geeichtem Zähler

Oftmals sind Wasserzähler nicht mehr geeicht. Ihr Einsatz im Rahmen der Betriebskostenabrechnung ist dann problematisch. Kann der Vermieter aber beweisen, dass dennoch ein zutreffendes Messergebnis vorliegt, sind die Werte dennoch verwendbar. Der Vermieter kann durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle die Richtigkeit der gemessenen Werte nachweisen.

Die Entscheidung des BGHs ermöglicht somit dem Vermieter eine verbrauchsbezogene Abrechnung auch dann vorzunehmen, wenn er die Werte von nicht geeichten Geräten abliest. Warum die Eichung unterblieben ist, ist dann unerheblich, wenn er die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der Geräte darlegen und ggf. beweisen kann.

BGH, Urteil vom 17.11.2010 – VIII ZR 112/10 (NJW-Spezial 2011, S. 130)

 

Haftung des Vermieters bei Wohnungsräumung ohne Räumungstitel

Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, darf er sich nicht ohne Einschaltung staatlicher Organe eigenmächtig Zugang zu den Mieträumen verschaffen und auch diese nicht ausräumen. Der Vermieter hat den Vertrag gekündigt, da der Mieter mehrere Monate hinweg die Miete nicht gezahlt hat. Der Mieter ist auch nicht auffindbar und wird sogar als vermisst gemeldet. Der Vermieter öffnet daraufhin die Wohnung und räumt sie. Einen Teil der vom Mieter eingebrachten Sachen entsorgt er, einen anderen Teil lagert er ein. Später taucht der Mieter wieder auf und begehrt Schadensersatz.

Der BGH ist der Meinung, dass der Vermieter voll haftet, weil sein Vorgehen nicht gedeckt ist. Begibt er sich in den Besitz der Wohnung und der Sachen des Mieters, begeht er unerlaubte Selbsthilfe. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter unbekannten Aufenthaltes ist. Der Vermieter muss sich vielmehr, notfalls über öffentliche Zustellung, staatlicher Hilfe bedienen und Räumungsklage erheben. Bei unerlaubter Selbsthilfe ist er dem Mieter sogar nach § 231 BGB unabhängig von einem Verschulden zum Schadensersatz verpflichtet. Davon werden auch die in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände erfasst, weil dem Vermieter eine Obhutspflicht trifft. Da der Mieter vom Vorgehen des Vermieters nichts weiß, muss sogar ein Bestandsverzeichnis unter Angaben von Werten und Beschädigungen erstellt werden.

 
BGH, Urteil vom 14.07.2010 – VIII ZR 45/09 (NJW-Spezial 2010, S. 643)

 

 

Unwirksamkeit von Dekorations-AGB im Mietvertrag – Pflicht zur Beauftragung von Handwerkern

 
Mit der formularmäßigen Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter kann deren „fachgerechte“ Ausführung vereinbart werden. Die Pflicht zur Beauftragung von Handwerkern jedoch nicht. Im Mietvertrag des vom BGH entschiedenen Falls ist vereinbart, dass der Mieter Schönheitsreparaturen „ausführen zu lassen“ hat. Der BGH ist der Ansicht, dass diese Vereinbarung unwirksam ist, weil sie den Mieter unangemessen beeinträchtigt. Zwar kann ihm kraft Formularvertrages die Ausführung der Schönheitsreparaturen in „fachgerechter Form“ übertragen werden. Jedoch kann die Klausel „ausführen zu lassen“ auch so zu verstehen sein, dass der Mieter nicht selbst tätig werden darf, sondern ausführen lassen muss. Damit würde ihm, gerade wenn er zu einer fachgerechten Selbstvornahme in der Lage wäre, diese kostengünstigere Variante abgeschnitten. Diese Klausel ist daher unwirksam. 

BGH, Urteil vom 09.06.2010 – VIII ZR 294/09 (NJW-Spezial 2010, S. 547)

 

Kosten der Öltankreinigung als Betriebskosten

Wiederkehrende Kosten der Reinigung des Öltanks einer Heizungsanlage sind umlagefähige Betriebskosten. Betriebskosten, die nicht jährlich, sondern in größeren zeitlichen Abständen wiederkehren, können grundsätzlich in dem Abrechnungszeitraum umgelegt werden, in dem sie entstehen.

BGH, Urteil vom 11.11.2009 – VIII ZR 221/08 (NJW 2010, S. 226 f.)

 

Kündigungsrechtsverzicht in der Staffelmiete
Der Mieter kann auf die Ausübung des ihm zustehenden ordentlichen Kündigungsrechts verzichten. Dieses kann auch in formularmäßiger Form erfolgen.

Im Rahmen einer Staffelmietvereinbarung verzichtet der Mieter auf sein ordentliches Kündigungsrecht für zwei Jahre, kündigt aber später innerhalb dieses Zeitraums, so dass er die Miete schuldig bleibt. Der BGH ist der Ansicht, dass die Kündigung des Mieters unwirksam ist. Sein Kündigungsrecht ist mietvertraglich wirksam für die Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen, was ohne Verstoß gegen § 307 I BGB auch formularmäßig möglich ist. Ist eine Staffelmiete vereinbart, sieht § 557a BGB sogar vor, dass der Ausschluss eines Kündigungs-rechts für die maximale Dauer einer solchen Abrede, demnach für vier Jahre, zulässig ist. Ein formularmäßiger Kündigungsrechtsausschluss, der im Wesentlichen den gesetzlichen Vorgaben in § 557a III BGB entspricht, kann insoweit keine „unangemessene“ Benachteiligung darstellen.

BGH, Urteil vom 12.11.2008 – VIII ZR 270/07 in NJW-Spezial 2009 S. 99

 


Gesamtunwirksamkeit von Dekorations-AGB - Außenanstrich

Zwar können dem Mieter Schönheitsreparaturen auch durch AGB überbürdet werden; das betrifft aber nicht solche Arbeiten, die dem Außenbereich der Mietwohnung zuzurechnen sind.

Nachdem der im Mietvertrag enthaltenen Vereinbarung soll der Mieter die Schönheitsreparaturen übernehmen. Diese werden unter anderem auch mit dem „Streichen der Außenfenster, Balkontür und Loggia“ definiert. Nach Beendigung des Mietvertrages verlangt der Vermieter Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Dekoration.

Der VIII. Zivilsenat des BGH hält die Vertragsklausel für unwirksam, weil sie den Mieter i. S. des § 307 BGB unangemessen benachteiligt. Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist zwar generell zulässig, der Inhalt der Vereinbarung muss sich jedoch auf § 28 IV 3 der II. BerechnungsVO orientieren. Dekorationsmaßnahmen im Außenbereich – hier an Fenstern, Balkontür und Loggia – sind dort nicht vorgesehen. Diese teilweise Unwirksamkeit der Klausel führt dazu, dass die gesamte Schönheitsreparaturregelung unwirksam ist.

BGH, Urteil vom 18.02.2009 – VIII ZR 210/08 in NJW-Spezial 2009 S. 353

Einstellen von Versorgungsleistungen durch Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses zulässig

Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen (hier: Belieferung mit Heizenergie) grundsätzlich nicht mehr verpflichtet. Auch aus Treu und Glauben folgt eine nachvertragliche Verpflichtung des Vermieters von Ge-werberäumen zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungs-verzug befindet und dem Vermieter mangels eines Entgelts für seine Leistungen ein stetig wachsender Schaden droht. Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist keine Besitzstörung nach §§ 858, 862 BGB hinsichtlich der Mieträume (Urt. V. 06.05.2009 – XII ZR 137/07)

Haftung des Wohnungseigentümers für das gesamte Verwalterhonorar
 
Die Wohnungseigentümer treten dem Verwalter als Gesamtgläubiger und -schuldner gegenüber. Dem zu Folge hat nach allgemeinen Grundsätzen jedes Gemeinschaftsmitglied dem Verwalter für dessen Gesamtvergütung zu haften. Der Verwalter kann seine dahingehenden Ansprüche gerichtlich geltend machen.
 
BGH, Beschluss vom 30.09.2004 - V ZB 26/04 in NJW 2004, 3339
 


Kein Anspruch auf Parabolantenne bei ausreichendem Kabelangebot
 
Verfassungsrechtliche Grundsätze führten zugunsten des (ausländischen) Mieters in der Vergangenheit zu einem Anspruch dahingehend, zur Medienversorgung eine Parabolantenne installieren zu dürfen. Das erweiterte Angebot im digitalen Kabelnetz verändert diese Rechtslage allerdings. Das Bundesverfassungsgericht musste jetzt darüber entscheiden, ob das LG Berlin eine türkische Mitbürgerin zu Recht verurteilt hat, die von ihr installierte Satellitenempfangsanlage zu entfernen, weil ihm das Kabelnetz des Hauses zu einem monatlichen Betrag von 8,00 € zahlreiche türkische Programme eingespeist werden und mittels eines anzuschaffenden Dekoders empfangen werden können.
 
Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung und die Entscheidungen der Fachgerichte zum Verhältnis zwischen dem Informationsrecht des Mieter aus Art. 5 GG und dem Eigenschutz des Vermieters aus Art. 14 GG weist das Bundesverfassungsgericht daraufhin, dass die Grundrechte des ausländischen Mitbürgers auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt sind. Der Preis der Anschaffung eines Dekoders entspricht dem einer Parabolantenne. Die monatlichen Zusatzkosten von 8,00 € seien nicht zu hoch, dass eine Gefährdung des Grundrechts zu vermuten ist. Soweit daher die Programmauswahl vielfältig ist, muss der Vermieter und Eigentümer nicht hinnehmen, dass durch die Montage einer Satellitenschüssel sein Eigentum beeinträchtigt wird.
 
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.01.2005 - 1 BvR 1953/00 = NZM 2005, S. 252
 
Individueller 5jähriger Kündigungsausschluss bei Staffelmiete teilunwirksam
 
In einem abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag war betreffend der Mietzeit individualvertraglich folgendes geregelt: „Das Mietverhältnis beginnt am 01.05.2002. Der Mietvertrag wird für die Dauer von sechzig Monaten geschlossen und läuft bis zum 30.04.2007. Er verlängert sich jeweils um zwölf Monate, falls er nicht gekündigt wird.“ Außerdem war eine Staffelmiete vereinbart. Der Mieter hatte das Mietverhältnis durch Schreiben vom 19.12.2002 zum 31.03.2003 gekündigt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Kündigung trotz der Laufzeitvereinbarung wirksam ist. Dies wird vom BGH verneint. Durch eine Vereinbarung der vorliegenden Art wird ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet, bei dem die ordentliche Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist. Wird ein solcher Kündigungsausschluss mit einer Staffelmietvereinbarung verbunden, so ist § 557 a Abs. 3 BGB zu beachten. Danach kann das Kündigungsrecht des Mieters für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. Das Kündigungsrecht konnte demnach nur bis zum Ablauf des 28.03.2006 und nicht bis 30.04.2007 ausgeschlossen werden. Dies führt zu der Rechtsfrage, ob Ausschlussvereinbarungen mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt aufrechterhalten bleibt. In dem Urteil vom 25.01.2006 hat der BGH für einen Formularmietvertrag vereinbarten Kündigungsausschluss entschieden, dass die Überschreitung des Vierjahreszeitraums die Gesamtunwirksamkeit der Klausel zu Folge hat. Für die Auslegung von Individualvereinbarungen gilt dieser Grundsatz nicht. Vielmehr ist hier zu fragen, ob nach dem Wortlaut oder nach dem Regelungszweck der Vorschrift Gesamt- oder Teilunwirksamkeit anzunehmen ist. Der BGH führt hierzu aus, dass die Regelung dem Schutz des Mieters diene. Diesem Regelungszweck wird mit der Teilunwirksamkeit hinreichend Rechnung getragen.

BGH, Urteil vom 14.06.2006 – VII ZR 257/04
 
Starrer Fristenplan bei Schönheitsreparaturen auch bei Gewerberaummiete unwirksam
 
Wie im Wohnraummietrecht enthält auch die Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag „Schönheitsreparaturen sind mindestens in der Zeitfolge von drei Jahren in Küche, Bad und Toilette sowie von fünf Jahren in allen übrigen Räumen auszuführen“ einen starren Fristenplan, der den Mieter im Sinne von § 307 BGB unangemessen beteiligt und zur Unwirksamkeit der Renovierungsklausel führt.
 
Zwar erlaubt das Gesetz eine weitergehende Beschränkung der Rechte des Geschäftsraummieters (§ 310 BGB, wonach die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB für Unternehmer nicht gelten). Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist aber in den §§ 308, 309 BGB nicht geregelt. Sie ist an § 307 BGB zu messen, einer Bestimmung, die für Unternehmer und Verbraucher gleichermaßen gilt.
 
OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2006 – 10 U 174/05
 
Kein Anspruch des Mieters auf Kopien der Betriebskostenbelege
 
Nach überwiegender Auffassung musste der Vermieter preisfreien Wohnraums bisher nicht nur Einsicht in die Betriebskostenbelege gewähren, sondern – gegen Kostenerstattung – auch Kopien anfertigen. Dies ist jetzt nicht mehr geboten.
 
Die Beklagte zahlt im obigen Fall unter anderem die Betriebskostennachforderung nicht, weil ihr im Rahmen der Abrechnungskontrolle trotz Erbietens der Kostenerstattung Belegkopien verweigert wurden. Der klagende Vermieter meint, die Einsichtnahme in die Belege sei ausreichend. Der BGH schließt sich seiner Auffassung an. Im preisfreien Wohnraum hat der Mieter keinen Anspruch auf Fertigung von Ablichtungen der Betriebskostenabrechnung zu Grunde gelegten Belege. Die Ausnahmevorschrift des § 29 II 1 NMVO für den preisgebundenen Wohnraum ist nicht entsprechend anwendbar. Ein Anspruch des Mieters ergibt sich regelmäßig auch nicht aus Treu und Glauben. Vielmehr kann der Vermieter ein berechtigtes Interesse haben, dass der Mieter die Unterlagen einsieht (z.B. Beseitigen von Unklarheiten vor Ort).
 
BGH, Urteil vom 08.03.2006 – VIII ZR 78/05 = NJW 2006, 1419
 
Kautionsrückzahlung nach Mietende bei Nebenkostenabrechnung
 
Im vorliegenden Fall ist das Mietverhältnis beendet. Der Vermieter behält einen Teil der Kaution zurück, weil die Betriebskostenabrechnung noch aussteht und eine Nachforderung zu erwarten sei. Nach BGH ist der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nicht bereits bei Mietende fällig geworden. Dem Vermieter steht eine angemessene Frist zu, für die er die Kaution ganz oder teilweise einbehalten darf, wenn mit Nachforderungen aus dem Mietverhältnis gerechnet werden kann. Eine starre Frist hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Kaution sichert alle, auch die noch nicht fälligen Ansprüche aus einem Mietverhältnis. Darauf beruhend kann der Vermieter zwar kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, weil seine Ansprüche, soweit er die Abrechnung noch nicht erstellt hat, nicht fällig sind. Umgekehrt gilt dies bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abrechnungserstellung tatsächlich möglich wird, auch für den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters.
 
Urteil BGH vom 18.01.2006 – VIII ZR 71/05 = NJW 2006, 1422 = NZM 2006, 343

Wohnflächenberechnung bei Penthouse mit „riesiger“ Dachterrasse

 
Wer im Gesetz den Begriff „Wohnfläche“ finden will, müsste lange suchen; ausschlaggebend ist folglich allein die – nicht immer klare – mietvertragliche Regelung.
 
Der Streit um die (richtige) Wohnfläche beschäftigt die Gerichte in Zeiten knapper Finanzmittel erheblich, jetzt auch wieder den GBH: Vor Abschluss des Mietvertrags liegt den Parteien des Ausgangsfalls eine Zeichnung vor, aus der sich ergibt, dass die Wohnung und die dazugehörige Terrasse etwa gleiche Ausmaße haben. Die aus den Unterlagen ersichtliche Gesamtfläche wird Vertragsinhalt. Der Mieter mindert später die Miete, weil die Terrassenfläche nicht vollständig angesetzt werden dürfe; der Vermieter verlangt nach Kündigung Räumung und Herausgabe der Wohnung.
 
Der BGH folgt dem Begehren des Vermieters. Das Mietverhältnis ist kündigungsbedingt beendet, so dass die Wohnung zu räumen und herauszugeben ist. Die Miete ist nicht wegen der Terrassenfläche gemindert. Denn die Parteien waren sich bei Abschluss des Mietvertrags darüber einig, dass sich die Angaben im Mietvertrag auf Grund der Relation der Flächen der Räume zu denen der Terrasse nur auf die gesamte nutzbare Fläche beziehen konnten. Folglich gibt, da das Gesetz schweigt, allein die Parteivereinbarung – und damit deren Auslegung – Maß, es soll dem Parteiwillen zum Durchbruch verholfen werden.
 
Der VIII. Zivilsenat des BGH präzisiert seine Rechtsprechung hinsichtlich der Auslegungsbedürftigkeit des Begriffs „Wohnfläche“. Zudem stellt er nochmals klar, dass bei einer eindeutigen Vereinbarung sich später keine Partei auf anderweitige Gesichtspunkte berufen kann. Für die Praxis bedeutet diese Rechtsprechung, dass bei Vertragsabschluss sehr viel Sorgfalt darauf verwendet werden muss, welche Folgen sich aus den je getroffenen Vereinbarungen konkret ergeben (sollen).
 
BGH, Urteil vom 22.02.2006 – VIII ZR 219/04 = NJW-RR 2006, 801 = NZM 2006, 375
 
 

Frist Einhaltung für Nebenkostenabrechnung
 
Nach § 566 III BGB muss der Vermieter dem Mieter die Betriebskostenabrechnung innerhalb eines Jahres zukommen lassen. Der BGH hat nunmehr erklärt, dass eine formell ordnungsgemäß erstellte Abrechnung für die Fristeinhaltung ausreichend ist. Der Vermieter lässt dem Mieter die von ihm erstellte Betriebskostenabrechnung vor Ablauf der im § 556 III BGB festgelegten Jahresfrist zukommen. Sie beinhaltet jedoch einen unzutreffenden Verteilungsschlüssel. Nach Ablauf der Frist wird dieses vom Vermieter korrigiert. Er gibt dem Mieter nunmehr eine Betriebskostenabrechnung, die unter Verwendung des zutreffenden Kostenverteilungsschlüssels zu einem höheren Nachzahlungsbetrag gelangt. Der Mieter verweigert die Nachzahlung und beruft sich daraus, dass ihm eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung erst nach Ablauf der Jahresfrist zugegangen sei.
 
Der BGH gibt überwiegend dem Eigentümer recht. Eine formell ordnungsgemäß erstellte Abrechnung ist für die Wahrung der Frist ausreichend. Materielle Mängel könnten später ggf. noch beseitigt werden. Die Gesamtkosten, die Angabe und die Erläuterung des gewählten Verteilungsschlüssels, die Berechnung des Einzelanteils und die Vorauszahlung des Mieters müssen ersichtlich sein.
 
BGH, Urteil vom 17.11.2004 - VIII ZR 115/04 in NJW 2000, 219
 

Räumungsvollstreckung wegen der Ehewohnung
 
Wird der Mietvertrag für eine gemeinsame Wohnung nur durch einen Ehegatten abgeschlossen, war ungeklärt, ob ein Titel nur gegen diesen Ehegatten für eine Räumungsvollstreckung ausreichte. Eine neue Entscheidung schafft nunmehr Rechtssicherheit.
 
Im BGH-Fall wird eine Wohnung als Ehewohnung nur von der Ehefrau angemietet. Ein Räumungsverfahren wird auch nur gegen diese betrieben. Im Rahmen der Vollstreckung verweigerte der Gerichtsvollzieher entsprechende Maßnahmen, weil sich der Titel nicht auch gegen den in der Wohnung lebenden Ehemann und die gemeinsame Tochter richtet.
 
Der BGH stellt fest, dass eine Vollstreckung nicht erfolgen darf. Der Titel müsste sich zumindest auch gegen den Ehemann richten. Die Ehegatten sind zur Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1353 I BGB angehalten. Daraus erfolgt die Verpflichtung sich gegenseitig die Benutzung der ehelichen Wohnung zu gestatten. Die Ehegatten sind daher gleichberechtigte Mitbesitzer. Im Rahmen der Vollstreckung kommt es nach § 850 I ZPO nur darauf an, wer Besitz an der Sache hat. Hingegen ist die Tochter lediglich Besitzdienerin im Sinne des § 855 BGB, so dass sich der Titel nicht auch auf diese